Hier finden Sie alle Informationen rund um die neuen gesetzlichen Auskunfts- und Vergütungspflichten nach den §§ 32e, 32d und 32a Abs. 2 UrhG sowie dem "Tarif 2" der TWF.
Bei Fragen schreiben Sie uns gerne eine Nachricht an:
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Die TWF ist die einzige in Deutschland zugelassene Verwertungsgesellschaft, die Urheber der Gewerke Regie, Skript, Schnitt, Kamera und Ausstattung vertritt soweit sie an der Herstellung von Werbefilmen beteiligt sind. Für diese Urheber ist die TWF repräsentativ im Sinne von § 36 d Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 36 Abs. 2 UrhG.
Die TWF vertritt keine Werbefilmkomponisten. Für Komponisten ist allein die GEMA zuständig. Gleiches gilt für Darsteller, soweit sie überhaupt Leistungsschutzrechte erwerben. Für sie ist die GVL zuständig. Für Werbefilmkomponisten, Sprecher und Darsteller sind schon jetzt keine Pauschalvergütungen üblich. Das Freistellungsangebot der TWF umfasst gleichwohl auch Urheber und Rechteinhaber dieser Kategorie, wenn sie an einer Werbefilmproduktion mitgewirkt haben.
Von § 32a UrhG in Gestalt der Neureglung des Urheberrechts 2021 sind ausschließlich die Urheber der TWF betroffen, die nach wie vor pauschal vergütet werden (Total-Buyout). Das ist nach der Urheberrechtsreform problematisch und müsste als Ausnahmefall begründet werden. Die bisherige Üblichkeit wäre keine Begründung vor dem Hintergrund, dass andere Gewerke nicht pauschal vergütet werden.
Die Gefahr der Unredlichkeit besteht insbes. bei Total-Buy-Out-Verträgen gegen ein einmaliges Pauschalhonorar. AGB-Klauseln in Verträgen mit einer einmaligen Pauschalvergütung, die eine weitere Beteiligung des Urhebers an der künftigen Verwertung nach §32a ausschließen, widersprechen dem § 32a und unterlaufen das Umgehungsverbot des § 32a Abs. 3. Solche Klauseln sind unwirksam. Sie erschweren in unangemessener Weise, etwaige Ansprüche aus § 32a geltend zu machen.
(Wandtke/Bullinger/Wandtke, 6. Aufl. 2022, UrhG § 32a Rn. 25, beck-online)
Die im Tarif 2 der TWF vorgenommene Bewertung der Regelfälle (3.1.1 bis 3.1.3) für das Entstehen von Nachvergütungsansprüchen lässt zur Vereinfachung Pauschalhonorare weiter zu, geht aber von einer begrenzten Abgeltungswirkung aus. Dies entspricht der Praxis von Tarifverträgen und gemeinsamen Vergütungsregelungen (GVR) nach § 36 UrhG (vgl. dazu Ziffer 30) in anderen Bereichen der Filmindustrie.
Die TWF hat aktuell ca. 1.500 Verträge mit in- und ausländischen Urhebern abgeschlossen und schließt ständig neue Verträge mit Nachwuchsurhebern ab, die in der Werbebranche neu tätig werden. Urheber von Werbefilmen mit Relevanz schließen regelmäßig Wahrnehmungsverträge mit der TWF ab und melden ihre Beteiligung an der Herstellung von Werbefilmen, da sie ansonsten keine andere Möglichkeit besitzen, „gesetzliche Vergütungsansprüche“ aus der Geräteabgabe und der Kabelweitersendungsvergütung geltend zu machen sowie in Zukunft aus der neuen gesetzlichen Direktvergütung nach § 4 Abs. 3 UrhDaG. Diese Sogwirkung beruht darauf, dass diese Ansprüche „verwertungsgesellschaftspflichtig“ sind und einen Beitritt zur TWF erfordern.
Darüber hinaus besteht eine Repräsentationsvereinbarung (§ 44 VGG) zwischen der VG Bild-Kunst und der TWF, so dass die TWF auch die Rechte der Filmurheber vertreten, die einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Bild-Kunst abgeschlossen haben. Über diese Rechtsbeziehungen kann die TWF Ansprüche für internationale Urheber herleiten, die im Ausland mit einer der ausländischen Verwertungsgesellschaften einen Vertrag abgeschlossen haben, die wiederum mit der VG Bild-Kunst eine Gegenseitigkeitsvereinbarung unterhalten.
Hinzu kommt, dass die TWF für die Aufnahme von Mitgliedern und Meldungen im Bereich des § 32a UrhG keine Meldefrist definiert hat. Urheber, die jetzt noch keine Mitglieder sind, können jederzeit innerhalb der Verjährungsfristen beitreten und ihre Ansprüche übertragen. Es ist naheliegend, dass für Auskunfts- und Nachvergütungsansprüche nicht die dreijährige Verjährungsfrist gilt, sondern im Falle der Nichterteilung von Auskünften gegenüber den Urhebern die Zehnjährige.
Für Verwertungshandlungen im Bereich der Online-Plattformen hat das UrhDaG und der Digital Services Act (DSA) der EU-Transparenzpflichten für die Plattformen geschaffen. Nutzungen sind jetzt leichter digital feststellbar. Die TWF rechnet damit, dass viele Urheber am Karriereende vermehrt erste Anhaltspunkte für Ansprüche aus § 32a UrhG recherchieren werden und das Inkasso auf die TWF übertragen werden, soweit dies nicht ohnehin bereits geschehen ist.
Bei der Geltendmachung von Auskunftsansprüchen muss die TWF aufgrund ihrer Position als repräsentative Verwertungsgesellschaft nicht darlegen, welche Urheber sie namentlich vertritt. Dies liegt an der besonderen gesetzlichen Funktion einer Verwertungsgesellschaft (Grundauskunft). Daneben gilt § 36d UrhG, wonach die TWF als Urhebervereinigung flankierend originär aus eigenem Recht klagebefugt ist und nicht nur als Treuhänderin im Auftrag von Urhebern handelt. Der Gesetzgeber schließt die Verpflichtung zur Bekanntgabe von Namen für Urhebervereinigungen aus, um die Urheber vor dem Blacklisting zu schützen.
Zunächst zur Grundauskunft: Der Bundesgerichtshof (BGH) gewährt Verwertungsgesellschaften traditionell unabhängig von § 36d UrhG aufgrund ihrer Rolle als Treuhänder von Ansprüchen in einem Massengeschäft gemäß § 242 BGB einen Anspruch auf Auskunft über Tatsachen, die die Gesellschaft benötigt, um ggf. Ansprüche stellen zu können.
Im Falle der Verwertungsgesellschaft GEMA beruht die Anerkennung eines Anspruchs auf Grundauskunft nicht auf der großen Anzahl der von ihr wahrgenommenen Rechte. Diese ist vielmehr der Grund für die sog. GEMA-Vermutung, nämlich die tatsächliche Vermutung der Wahrnehmungsbefugnis der GEMA (BGHZ 95, 274 = GRUR 1986, 62, juris-Rn. 29 – GEMA-Vermutung I; BGHZ 95, 285 = GRUR 1986, 66, juris-Rn. 17, 21 – GEMA-Vermutung II). Die Zubilligung eines Anspruchs auf Grundauskunft liegt hingegen im Wesen des Systems der Wahrnehmung von Urheberrechten durch Verwertungsgesellschaften begründet, das dadurch geprägt ist, dass die GEMA als Verwertungsgesellschaft die Interessen der ihr angeschlossenen Urheber wahrt (BGHZ 95, 274 = GRUR 1986, 62, juris-Rn. 36 – GEMA-Vermutung I; BGHZ 95, 285 = GRUR 1986, 66, juris-Rn. 21 – GEMA-Vermutung II) und die Urheberrechte lediglich treuhänderisch innehat (vgl. Hertin/Wagner UrhR, 3. Aufl., S. 321 Rn. 866; Schack UrhR/UrhVertragsR, 10. Aufl., S. 321 Rn. 649, S. 659 Rn. 1414). Die Verwertungsgesellschaft ist verpflichtet, diese treuhänderisch übertragenen Urheberrechte durchzusetzen und Verstöße hiergegen zu verfolgen (vgl. Heine/Holzmüller/Holzmüller, 1. Aufl., VGG § 9 Rn. 3), zugleich ist es für sie jedoch wegen der Masse und Vielfalt der ihr übertragenen Urheberrechte, die sie aufgrund des Wahrnehmungszwangs (§ 6 UrhWG, § 9 VGG) nicht beeinflussen kann, schwieriger als für andere Urheber, Verletzungen der von ihr wahrgenommenen Urheberrechte aufzudecken (vgl. Heine/Holzmüller/de la Durantaye/Kuschel VGG § 48 Rn. 1). Ohne eine Erleichterung bei der Rechtswahrung könnte die GEMA die Belange der ihr angeschlossenen Urheber nicht wirksam wahrnehmen (vgl. BGHZ 95, 274 = GRUR 1986, 62, juris-Rn. 36 – GEMA-Vermutung I; BGHZ 95, 285 = GRUR 1986, 66, juris-Rn. 21 – GEMA-Vermutung II).
(GRUR 2022, 1427 Rn. 125, beck-online)
Die TWF benötigt die Auskünfte schon deshalb, um ggf. mit der VG Bild-Kunst oder einer angeschlossenen Verwertungsgesellschaft (vgl. Ziffer 6) im Ausland abklären zu können, ob sie betroffene Urheber als Treuhänderin vertritt. Aufgrund der internationalen Vernetzung der Verwertungsgesellschaften halten sie keine abschließenden Mitgliederlisten vor.
Nach § 36d UrhG haben Urhebervereinigungen einen flankierenden eigenen Anspruch auf Auskunft. Bei Werbefilmen entfällt immer die Haftung des Filmproduzenten (vgl. § 32a Abs. 2 S. 2 UrhG), weil diese aufgrund der vollständigen Weitergabe von sämtlichen Rechten keine „Erträgnisse und Vorteile“ aus deren Verwertung erzielen können. Der Auskunftsanspruch richtet sich immer nur gegen den Werbetreibenden.
Mit der im Rahmen der Urheberrechtsreform 2021 am 7.6.2021 in Kraft getretenen Norm sollen Urheberverbände – neben Verstößen gegen gemeinsame Vergütungsregeln iSd § 36 (§ 36b) – nun auch in die Durchsetzung der Auskünfte nach §§ 32d, 32e einbezogen werden. Diese „kollektivrechtliche Flankierung“ soll die von Art. 19 Abs. 1 DSM-Richtlinie geforderte und von § 32d nun vorgeschriebene proaktive Auskunftserteilung gewährleisten, indem die Kreativen die Auskunft nicht erst durch Anspruchsgeltendmachung verlangen müssen, sondern auch Verbände die Werknutzer dazu anhalten können.
(Wandtke/Bullinger/Hegemann/Zurth, 6. Aufl. 2022, UrhG § 36d Rn. 1, beck-online)
Die TWF hat bislang lediglich solche Unternehmen zur Auskunft aufgefordert, die nach der hier vorliegenden Datenlage (TV-Nutzung und Social-Media-Nutzung) mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit den Urhebern von Werbefilmen Nachvergütungen schulden könnten und ihr deshalb in ihrer Eigenschaft als Urhebervereinigung zur Auskunft verpflichtet sind, um nachzuweisen, dass sie systematisch die Rechte der Urheber beachten. Angeschrieben würden ca. 5% der werbenden Unternehmen und Institutionen. Wegen der gesetzlichen Beweiserleichterung muss die TWF in dieser Phase keine Namen offenlegen. Die primäre Darlegungslast, dass Verwerter von Werbefilmen Urheber ausreichend über die mit der Nutzung verbundenen „Erträgnissen und Vorteile“ informieren, liegt beim Unternehmen. Namen sind erst offenzulegen, sobald Vergütungen, freilich nach Erteilung der Auskunft, von der TWF geltend gemacht werden.
Die TWF ist der Auffassung, dass aus § 32a Abs. 2 S. 2 UrhG folgt, dass die Werbetreibenden die Verpflichtung übernehmen, den Urhebern „unaufgefordert jährlich“ Auskunft zu erteilen, weil bei echten Auftragsproduktionsverträgen mit Vollrechteabtretung die Auswertungsrechte bei Abnahme und Zahlung auf die Verwerter übergeht. Jedenfalls reicht eine begründete Aufforderung durch eine Verwertungsgesellschaft bzw. eine Vereinigung nach § 32g UrhG aus, um die Auskunftspflicht auszulösen.
Die TWF erwirbt spätestens durch ihre Aufforderung einen originären Anspruch als Institution, gegen Verwerter vorzugehen, die Auskünfte systematisch nicht erteilen.
Ebenso wie bei § 36b sowie §§ 2, 3 UKlaG und im Unterschied zu § 32g besteht die Besonderheit der Vorschrift des § 36d aber darin, dass sie Vereinigungen einen originären Anspruch verleiht, obwohl diese Aktivlegitimierten von einem Verstoß gegen die §§ 32d, 32e selbst nicht betroffen sind. Sie machen Verstöße nicht für die Urheber geltend, sondern haben unter bestimmten Voraussetzungen einen eigenen Anspruch auf Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber den Kreativen. Dies findet sich in unserer Rechtsordnung eher selten.
(Wandtke/Bullinger/Hegemann/Zurth, 6. Aufl. 2022, UrhG § 36d Rn. 8, beck-online)
Der Gesetzgeber weist in der Gesetzesbegründung ausdrücklich darauf hin, dass ein Vorgehen nach §36d UrhG die Offenlegung der Namen der Urheber nicht voraussetzt.
§ 36d Absatz 2 UrhG-E übernimmt die Beweiserleichterung des § 32e Absatz 2 UrhG-E (insoweit identisch mit § 32e Absatz 2 UrhG-E). Grund für das abgesenkte Beweismaß sind die besonderen Schwierigkeiten, die mit der Darlegung und dem Beweis negativer Tatsachen (hier: Nichterteilung von Auskünften) verbunden sind. Zudem sollten Verbände im Klageverfahren die Anonymität der betroffenen Kreativen wahren können (vergleiche auch ErwG 78 Satz 6 DSM-RL). Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass insbesondere freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Risiko des „Blacklisting“ scheuen und bei Offenlegung ihrer Identität von einer Durchsetzung ihrer Rechte absehen.
Es wird in der Regel genügen, dass der Verband substantiiert die streitgegenständlichen Verwertungen darlegt und es klare Anhaltspunkte dafür gibt, dass in mehreren gleich oder ähnlich gelagerten Fällen entsprechende Auskünfte nicht oder nicht hinreichend erteilt worden sind. Dem verwertenden Unternehmen, das dem geltend gemachten Anspruch entgegentreten möchte, obliegt dann eine erhöhte Darlegungslast: Es hat gegebenenfalls substantiiert darzulegen, dass es seiner Verpflichtung zur Auskunftserteilung nachgekommen ist, sofern die Verpflichtung dem Grunde nach unstreitig beziehungsweise bewiesen ist.
Die Kommentarliteratur sieht das Recht auf anonymes Vorgehen als Teil der Beweiserleichterung an:
Nach Vorstellung des Gesetzgebers übernahm er für § 36d Abs. 2 die Beweiserleichterung des § 32e Abs. 2. Beide Vorschriften sind in der Tat wortgleich, haben aber einen abweichenden rechtspolitischen Hintergrund: Während § 32e Abs. 2 auf Beweisschwierigkeiten beruht und insofern die Rechtsprechung zum Auskunftsanspruch nach §§ 242, 259 BGB zur Vorbereitung der Geltendmachung des Anspruchs aus § 32a Abs. 2 kodifiziert, intendierte der Gesetzgeber mit § 36d Abs. 2 zusätzlich eine Reaktion auf mögliches Blacklisting. Entsprechend sind die Anforderungen an eine Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen des § 36d Abs. 1 auszulegen. Daher ist einer ersten Darlegung einer Urhebervereinigung nicht abzuverlangen, die Namen der Kreativen zu offenbaren, denen Auskunft nach §§ 32d, 32e nicht oder nur unzureichend erteilt wurde.
(Wandtke/Bullinger/Hegemann/Zurth, 6. Aufl. 2022, UrhG § 36d Rn. 25, beck-online)
Wenn Werbetreibende nach den Feststellungen der TWF Nachvergütungen mit hoher Wahrscheinlichkeit schulden und von ihr deshalb zur Auskunftserteilung konkret aufgefordert wurden, müssten sie der TWF darlegen, dass sie sich organisatorisch darauf eingestellt haben, Transparenz herzustellen und dies im Regelfall bzw. systematisch gegenüber den Urhebern vollziehen z. B. durch Einrichtung einer Honorare- und Lizenzabteilung oder durch Beauftragung einer Agentur; oder eben durch Beauftragung der TWF.
Bislang erteilen die Werbetreibenden mangels Kenntnis der Gesetzesänderung 2021 keinerlei Auskünfte und wären darauf auch nicht vorbereitet. § 36d UrhG verlangt aber keinen Vorsatz. Was der Gesetzgeber ausschließen will, ist die Spekulation von Verwertern darauf, dass sich der Urheber scheut, an ihn heranzutreten.
Bei der Lizenzierung eines Spielfilms oder eines TV-Films z. B. an einen Sender erzielt der Verwerter (Produzent oder Verleihunternehmen) Lizenzeinnahmen als Gegenleistung für die Nutzung von Rechten (Sendung). Er generiert Erträgnisse, die kausal in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Verwertungshandlung stehen. Der Beteiligungsgrundsatz der EU-Regelung ist im Falle einer unmittelbaren Kausalität zwischen Erträgnis und Verwertung aber nur leichter umzusetzen und nicht etwa darauf begrenzt.
Bei der Schaltung von Werbung erzielt der Verwerter dagegen keinen Umsatz mit der Lizenzierung, sondern muss die Werbefläche eines Mediums erwerben. Dies geschieht, um durch den werbebedingten Produktabsatz wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. Der Gesetzgeber bestimmt, dass jeder „Vorteil“ als wirtschaftlicher Zufluss zu bewerten ist, an denen die Urheber zu beteiligen sind. Die „Vorteile“ der Verwendung von Werbefilmen lassen sich allgemein wie folgt beschreiben:
Es ist anzunehmen, dass die wirtschaftlichen Vorteile des Einsatzes von Werbefilmen deutlich über der Ertragskraft der Filmbranche liegen dürfte. Die Schwierigkeit der Bestimmung der Kausalität zwischen Werbeeinsatz und den verschiedenen Vorteilen, die oben geschildert sind, macht den § 32a UrhG für die werbende Wirtschaft zu einem beachtlichen Bewertungsrisiko, vor allem wenn ein Werbefilm mit Reichweiten deutlich über dem Durchschnitt eingesetzt wird; dies ist ein Anscheinsbeweis für die überdurchschnittliche Wirksamkeit des Films zugunsten des Unternehmens und damit für besondere Vorteile.
Man könnte zu Bestimmung der Vorteile am Geschäftswert des Unternehmens, am Wert der Marke oder an den Deckungsbeiträgen der beworbenen Produkte ansetzen, was die Auskunftserteilung umfangreich machen würde. Gerade wegen dieser Schwierigkeiten wurde der Tarif 2 eingeführt, um die Unternehmen zu entlasten.
Grundsätzlich hat die TWF nach § 242 BGB (Grundauskunft), § 32e und § 36d UrhG einen Anspruch auf Mitteilung aller Daten (Transparenz), die sie benötigt, um zu prüfen, ob Rechte aus ihrem Treuhandverhältnis genutzt wurden und um das Verhältnis zwischen dem konkret bezahlten Buyout-Honorar und den Vorteilen des Unternehmens einschätzen zu können. Ein Unternehmen, das seinen Urhebern bereits unterdurchschnittliche Pauschalvergütungen bezahlt, gelangt früher in den Bereich der Nachvergütungspflicht.
Die Regelbeispiele des Tarif 2 basieren auf der Grundlage einer zulässigen Pauschalannahme (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Mai 2005–I ZR 299/02–PRO-Verfahren), dass Unternehmen übliche pauschale Regelvergütungen bezahlt haben, die die durchschnittlichen Reichweiten und die übliche Nutzungsdauer eines Werbefilms angemessen abbilden. Dies vorausgesetzt deutet eine weit überdurchschnittliche Reichweite auf einen überdurchschnittlichen Vorteil für den Werbekunden hin (vgl. Landgericht München I, Urteil vom 29.1.2021).
Wie hoch der sich infolge der überdurchschnittlich erfolgten Auswertung der künstlerischen Leistungen der Klägerin ergebende Nachvergütungsanspruch ausfällt, kann und muss auf der vorliegenden Klagestufe noch offengelassen werden. Entscheidend ist allein, dass – wie zuvor bereits ausgeführt – aufgrund der überdurchschnittlich häufigen Ausstrahlungen der einzelnen Folge der Serie »Sechserpack« und der überdurchschnittlich hohen Zuschauerreichweite klare Anhaltspunkte für ein gemäß § 32a UrhG anspruchsgemäß vorausgesetztes auffälliges Missverhältnis zwischen der der Klägerin tatsächlich bezahlten Vergütung und den von der Beklagten erlangten Erträgen gegeben sind.
(ZUM-RD 2021, 318, beck-online)
Die Regelfälle des Tarif 2 berücksichtigen die durchschnittliche Dauer einer Fernsehkampagne. Derzeit liegt diese bei ca. 60 Tagen. Darüber hinaus kann die TWF mit ihren Datenbanken die durchschnittliche Reichweite aller Kampagnen bestimmen. Eine Überschreitung in einem Auswertungsjahr von 700 % führt im Regelfall des Tarif 2 (3.1.1) zur Nachvergütung.
Die Rechtsprechung sieht die Schwelle zur Nachvergütung bereits bei 20% Unterbewertung spätestens jedoch bei 100 %. Wie die Gerichte die Absenkung durch die Gesetzesänderung 2021 behandeln werden, ist noch nicht absehbar. Im Gesetzgebungsverfahren wurde darauf hingewiesen, dass die Schwelle davor bereits niedrig war. Gleichwohl hielt der Gesetzgeber eine Umformulierung des § 32a UrhG für notwendig, um eine vollständige Umsetzung des Unionsrechts zu vollziehen:
Wenn schon bisher je nach den Umständen des Einzelfalls auch geringere Abweichungen ein (auffälliges) Missverhältnis begründen, spricht die Neuregelung des § 32a Abs. 1 S. 1 erst recht für eine weite Absenkung der Schwelle unterhalb des auffälligen Missverhältnisses. Da nach der Konzeption des Gesetzes auch im Rahmen des § 32a der Vertrag grds. wirksam bleiben soll, kann dennoch das Missverhältnis die Grenze der Sittenwidrigkeit erreichen. Eine Ansicht zu § 36 aF bejahte ein grobes Missverhältnis bereits bei einer Abweichung der Gegenleistung von der üblichen Vergütung um 20 % und verwies dabei auf den Normzweck, nämlich die Sicherstellung einer angemessenen Beteiligung des Urhebers für jede Werknutzung. Da das Gesetz dieses Ziel nunmehr zusätzlich mit § 32a Abs. 1 S. 1 verfolgt, der eine angemessene Nachvergütung sichern soll, liegt die Schwelle des Vertragsanpassungsanspruchs unter dem Begriff der „Auffälligkeit“. Deshalb dürfte das Missverhältnis weit unterhalb des auffälligen Missverhältnis schon dann als Orientierungshilfe in Betracht kommen, wenn die Gegenleistung schlicht weniger als die übliche und redliche Beteiligung des Urhebers beträgt, etwa unter 20 %. Eine prozentuale Herangehensweise ist sicherlich nicht als genereller Maßstab heranzuziehen, weil die Schwelle des Vertragsanpassungsanspruchs unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist. Faktoren wie zB Marktsituation, Werkarten, komplexe Werkproduktionen, wirtschaftlicher Wert der Rechte, Umfang, Dauer der Nutzung sind in die Wertung einzubeziehen. Wie bereits ausgeführt ist daher denkbar, dass schon 1 % die Schwelle der angemessenen Nachvergütung nach § 32a Abs. 1 S. 1 erreicht. Je höher die Erträge und Einnahmen sind, desto höher auch der Nachvergütungsanspruch. Der Maßstab der Angemessenheit der Nachvergütung ist unter Berücksichtigung der erzielten Erträge und Vorteile im Rahmen des § 32 Abs. 2 S. 2 anzuwenden.
(Wandtke/Bullinger/Wandtke, 6. Aufl. 2022, UrhG § 32a Rn. 26, beck-online)
Die Schwelle von 700 % ist im Vergleich zur Rechtsprechung und zu anderen Tarifverträgen der Filmindustrie eine sehr hohe Hürde. Die Höhe der pauschalen Nachvergütung im Jahr (3.500 Euro) ist ebenfalls sehr niedrig angesetzt. Es wird nicht verlangt, das 6fache auf die Vergütung aufzuschlagen. Aus diesem Grund ist das Angebot der TWF an die Wirtschaft, die Auskunfts- und Zahlungsansprüche pauschal auszulagern und sich freistellen zu lassen entsprechend kostengünstig.
Der Tarif 2 der TWF ist die Folge einer Initiative des Verbandes der Werbefilmproduzenten, der die Anforderungen des § 32a UrhG zugunsten der Auftraggeber mit der Urhebervereinigung der Werbefilmregisseure angemessen und rechtssicher definieren wollte. Die Werbefilmproduzenten besitzen selbst keine Nachvergütungsansprüche für ihre Leistungen und können ihre Kunden für die Urheber nicht freistellen. Insoweit sind sie von § 32a UrhG nicht betroffen. Sie haben aber die schwer absehbaren Folgen im Blick, die zu erwarten sind, wenn Pauschalvergütungen infrage gestellt und Auskunftsansprüche gestellt werden.
Folgende Ziele sollten durch den Tarif 2 erreicht werden:
*
Beibehaltung des Systems der Pauschalvergütung für die durchschnittliche Nutzung.
*
Unternehmen und Filmproduzenten können Pauschalhonorare frei verhandeln (es wird also unterstellt, dass bestimmte Mindestvergütungen nicht unterschritten werden und nicht tariflich festgelegt werden müssen).
*
Keine Auskünfte zu unternehmensinternen Daten: Bewertung nur auf der Grundlage objektiver Nutzungsdaten (Reichweite und Dauer).
*
Möglichkeit der vollständigen Freistellung mit einem Aufwand, der angesichts der Schaltkosten praktisch nicht in Gewicht fällt und der unter den Eigenkosten einer Erfüllung von Dokumentations- und Auskunftsverpflichtung durch die Unternehmen selbst liegt (Nutzung der Datenlage, die von der nicht gewinnorientierten TWF erhoben werden können).
*
Die Teilnahme an dem Tarif 2 soll Unternehmen mit hohen Compliance-Anforderungen ermöglichen, Ihre Bereitschaft gesetzliche Mindestanforderungen zu beachten, in einfacher Weise zu dokumentieren.
In Zusammenhang mit § 32 UrhG hatte sich 2023 eine „Urhebervereinigung“ für Werbefilmregisseure (https://drct.film) zunächst mit dem Ziel gegründet, das Problem der umfangreichen Beschäftigung von Urhebern im Rahmen von Ausschreibungen durch Agenturen ohne jede Vergütung nach § 32 UrhG durch eine Branchenregelung zu regulieren (Pitch Standard 2.0). Aufgrund der DSM-Richtlinie und der damit verbundenen weiteren Herabsetzung der Hürden des § 32a UrhG wäre es nur noch eine Frage der Zeit gewesen, bis Urhebervereinigungen im Sinne von § 36 UrhG (mittlerweile gibt es drei solche Vereinigungen) einzelne Verwerter oder Vereinigungen von Verwertern aufgefordert hätten, Verhandlungen über eine „gemeinsame Vergütungsregelung“ für die Nutzung von Werbefilmen in den Hauptmedien zu führen. Im Bereich der TV-Produktion ist dies in den letzten Jahren erfolgt.
Es bestand aus Sicht der Werbefilmproduzenten die Sorge, dass sich die Gerichte beziehungsweise die Schlichtungsstellen (im Sinne von § 36a UrhG) an Vergütungsregelungen orientieren könnten, die die Gewerkschaften (Filmunion Ver.di) und Verbände in anderen Bereichen der Filmproduktion mittlerweile durchgesetzt haben. Naheliegend erschien, dass sich die Gerichte auch an Vergütungen orientieren könnten, die die Werbefilmkomponisten durch die GEMA für die Sendung von Werbung im Rahmen von TV und Online-Diensten durchgesetzt haben (4% der Werbeerlöse). Neben der Höhe der Vergütungen haben es die Werbefilmproduzenten vor allem als Gefahr angesehen, dass ihre Kunden mit der Abrechnung administrativ belastet werden. Im Gegensatz zu Verleihern und Sendern verfügen sie nicht über die Honorare- und Lizenzabteilungen, die benötigt werden, um Verwertungen aufzuzeichnen und abzurechnen. Hinzu kommt, dass die Offenlegung von Erträgnissen und Vorteilen, die sich aus dem Absatz beworbener Produkte ergeben, regelmäßig sensible Informationen sind und die Bewertung im Einzelfall komplex wäre.
Zu beachten ist, dass nicht nur Verwertungsgesellschaften, sondern auch einfache Urhebervereinigungen wie DRCT seit Mitte 2021 berechtigt sind, Nachvergütungsansprüche durchzusetzen (vgl. § 32g UrhG).
Da es sich aus der Gesetzesbegründung im Zusammenhang mit der Angemessenheit des Auskunftsanspruchs die Vorstellung des Gesetzgebers ergab, Verwertungsgesellschaften zu beauftragen, um Nutzungsinformationen zur Verfügung zu stellen, konnten die Werbefilmproduzenten in Verhandlungen DRCT davon überzeugen, faire Urhebervergütungen im speziellen Fall der Werbung nicht mittels einer allgemeinen Vergütungsregelung (GVR) nach § 36 UrhG, sondern durch eine Verwertungsgesellschaft auf der Grundlage eines Tarifs nach § 38 VGG abzusichern.
Wesentlicher Baustein der kostengünstigen Lösung ist die Tatsache, dass die TWF keine Gewinnerzielungsabsicht besitzt und ihre Monopolstellung bei der Beschaffung von Nutzungsdaten nicht rechtsmissbräuchlich einsetzen darf.